Mieterhöhungsverlangen einer Wohnungsgenossenschaft und genossenschaftsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz

11. November 2025 -

Das Amtsgericht Halle (Saale) hat mit Urteil vom 23.09.2025 zum Aktenzeichen 95 C 839/25 über die Wirksamkeit einer Mieterhöhung entschieden, wonach es für die Genossenschaft zulässig ist, im Wege eines Gerichtsprozesses eine höhere Miete zu verlangen, als sie andere Mitglieder der Genossenschaft vorgerichtlich  freiwillig akzeptiert hatten.

Aus der Pressemitteilung des des AG Halle (Saale) Nr. 0118/25 vom 11.11.2025 ergibt sich:

Der Fall: Die Klägerin ist eine Wohnungsgenossenschaft mit Sitz in Halle (S.). Sie begehrte eine Mieterhöhung unter Berufung auf den Mietspiegel der Stadt Halle (S.) von der Beklagten. Diese ist zugleich Mitglied der klagenden Wohnungsgenossenschaft. Die allgemeinen Voraussetzungen für eine Erhöhung waren unstreitig gegeben. Die Mieterin berief sich aber darauf, die Wohnungsgenossenschaft habe gegen den Grundsatz der genossenschaftlichen Gleichbehandlung verstoßen.

Der Hintergrund hierzu: Je nach dem Beginn des Mietvertrages zahlten die Mieter unterschiedliche Mietbeträge. Die Beklagte zahlte so seit mehr als zwanzig Jahren die höchste Miete im gesamten Block. Nach ihrer Auffassung hätte die klagende Genossenschaft dies bei der Erhöhung berücksichtigen müssen. Außerdem hatte die Genossenschaft nach dem Wirksamwerden des qualifizierten Mietspiegels alle Mieter darauf hingewiesen, dass dieser eine deutliche Erhöhung der Miete ermögliche, sie jedoch zur Vermeidung einer Klage allen Mitgliedern als Kompromisslösung eine freiwillige Erhöhung der Miete um einen – teils deutlich unter dem Mietspiegel liegenden – Betrag von 40,00 € anbieten werde. Eine Vielzahl von Mietern nahm dieses Angebot an. Nicht so die Beklagte. Daraufhin erhob die Klägerin eine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung um monatlich 87,86 € (dem Mittelwert laut Mietspiegel).

Nach dem Urteil des Amtsgerichts (95 C 839/25 vom 23.09.2025) erging das Mieterhöhungsverlangen in zulässiger Weise.

Allerdings fordert nach der Urteilsbegründung der genossenschaftliche Gleichbehandlungsgrundsatz im genossenschaftlich geprägten Mietverhältnis eine willkürfreie Behandlung der Genossenschaftsmieter. Die Genossenschaft ist aber berechtigt, unterschiedlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen und zwischen den Mitgliedern nach sachlichen Kriterien in angemessener Weise zu differenzieren. Das Vorgehen der Klägerin halte sich innerhalb dieses gesteckten Rahmens.

Was die jeweiligen bei Mietbeginn unterschiedlichen Miethöhen betreffe, habe die Klägerin dargelegt, sich dabei im Wesentlichen am Marktumfeld zum Zeitpunkt der Vermietung orientiert zu haben mit dem Ziel einer möglichst hohen Auslastung des Vermietungsbestandes.

Die Wohnungsgenossenschaft sei auch nicht gehalten, die so entstandenen unterschiedlichen Mietniveaus im Laufe der Zeit durch differenzierte Mieterhöhungen wieder zu nivellieren. Denn gerade dies würde im Rahmen von Mieterhöhungsvorgängen zu einer unterschiedlichen Behandlung der Mitglieder der Genossenschaft führen.

Ebenso wenig benachteiligte die Klägerin die Beklagte, indem sie nunmehr von ihr einen größeren Erhöhungsbetrag (87,86 €) verlange als die von einer Vielzahl anderer Mieter/Genossenschaftsmitgliedern akzeptierten 40,00 €. Denn die Klägerin habe dieses Vorgehen in einem transparenten Verfahren angekündigt, begründet und dann durchgeführt. Sie legte gegenüber den potentiell betroffenen Mietern dar, auf der Basis des (seinerzeit neuen) qualifizierten Mietspiegels zu einer deutlicheren Mieterhöhung berechtigt zu sein, sich aber im Interesse eines reibungslosen Ablaufes und einer einvernehmlichen Verständigung mit 40,00 € Erhöhung zu begnügen, soweit dem seitens der Mieter freiwillig zugestimmt werde. Diesen Plan setzte die Klägerin um. Die Mieter, welche die Erhöhung um 40,00 € nicht akzeptierten, sind auf die förmliche Zustimmung auf den (höheren) Mittelwert verklagt worden. Dazu gehört auch die Beklagte. Insoweit stellte es umgekehrt einen Verstoß gegen die genossenschaftlich einzufordernde Gleichbehandlung dar, wenn die Klägerin trotz der ursprünglichen Weigerung der Beklagten diese von anderweitig geführten gerichtlichen Mieterhöhungsprozessen ausnehmen würde.