Was sind Indexmieten?
Als Indexmiete bezeichnet man eine vertragliche Vereinbarung, bei der sich die Miete an einem Preisindex – in der Regel dem Verbraucherpreisindex (VPI) des Statistischen Bundesamts – orientiert. Das bedeutet: Steigt die Inflation, darf der Vermieter die Miete in gleichem Verhältnis anheben. Sinkt der Preisindex, muss umgekehrt auch die Miete entsprechend gesenkt werden. Indexmietverträge sind im Wohnraummietrecht gemäß § 557b BGB ausdrücklich zulässig und stellen – neben Staffelmieten – eine der wenigen erlaubten Klauseln zur automatischen Mietpreisänderung dar.
Wichtig: Eine Indexmiete wird nicht jeden Monat automatisch angepasst, sondern erfordert zwei Voraussetzungen. Erstens muss der Verbraucherpreisindex seit der letzten Anpassung tatsächlich gestiegen sein. Zweitens muss der Vermieter die Erhöhung aktiv geltend machen und den Mieter schriftlich (Textform genügt) darüber informieren. Während der Laufzeit der Indexmiete muss der Mietzins zudem mindestens zwölf Monate unverändert bleiben (§ 557b Abs. 2 BGB) – häufig warten Vermieter sogar länger, bis ein bestimmter Schwellenwert (z.B. 3 % Inflation) erreicht ist, bevor sie eine Anpassung vornehmen. Klassische Kappungsgrenzen oder prozentuale Obergrenzen, wie sie für normale Mieterhöhungen gelten (z.B. max. 15 % innerhalb von 3 Jahren), gibt es bei Indexmieten bislang nicht. Lediglich die Mietpreisbremse greift bei Abschluss eines Indexmietvertrags zur Begrenzung der anfänglichen Miete – für spätere Index-Erhöhungen ist sie jedoch irrelevant.
Hintergrund: Hohe Inflation und Doppelbelastung
Lange Zeit galten Indexmietverträge als unproblematisch, da die Inflation in Deutschland moderat war. In den Jahren 2022 und 2023 änderte sich dies jedoch schlagartig: Die Inflationsraten erreichten zeitweise rund 6–7 %, den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung (Höchstwert 8,8 % im Jahr 2022). Demgegenüber stiegen die ortsüblichen Vergleichsmieten in vielen Regionen nur um etwa 2 % pro Jahr. Für Mieter mit Indexklausel führte diese Entwicklung zu überproportionalen Mietsteigerungen – in kurzer Zeit so viel, wie sonst vielleicht erst nach mehreren Jahren erreicht worden wäre. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) warnte, Indexmietverträge könnten für Mieter zur „Kostenfalle“ werden, da sie in Phasen stark steigender Verbraucherpreise eine Doppelbelastung bedeuten: „Denn wenn die Verbraucherpreise steigen, steigt auch die Indexmiete entsprechend. Mieterinnen und Mieter sind also doppelt belastet“. Dies zeigte sich besonders nach Beginn des Ukraine-Kriegs 2022, als die Energiekosten explodierten und „die Indexmieten plötzlich durch die Decke geschossen sind“, so Hubig weiter. Gerade in Zeiten, in denen das Leben insgesamt teurer wird, steigen Indexmieten ungebremst mit – ohne Rücksicht auf traditionelle Mietpreisdeckelungen.
Zwar machen Indexmieten gemessen am Gesamtmarkt noch einen relativ kleinen Anteil aus (laut Institut der deutschen Wirtschaft rund 2,6 % aller Mietverhältnisse, in Großstädten etwas über 4 %). Allerdings häufen sie sich gerade in begehrten Lagen und bei Neuverträgen. Bei Neubauwohnungen in Metropolen wird inzwischen fast jeder fünfte Mietvertrag als Indexmiete abgeschlossen. Viele Mieter*innen waren sich der Risiken zunächst kaum bewusst, da Indexmieten bis 2021 eher eine Randerscheinung waren und anfänglich durch die niedrige Inflation sogar Vorteile boten (geringere Steigerungen als die üblichen Vergleichsmieten). Die abrupte Teuerungswelle 2022/23 hat nun jedoch breites Problembewusstsein geschaffen.
Geplante Neuregelung: Deckelung der Indexmiete
Um Mieter vor unkontrollierten Sprüngen der Indexmiete zu schützen, plant die Bundesregierung ein Eingreifen per Gesetz. „Eine Steigerung von Indexmieten darf nicht nach oben offen sein“, erklärte Ministerin Hubig und kündigte an, noch dieses Jahr (2025) einen Gesetzentwurf vorzulegen. Konkret soll eine Obergrenze für jährliche Mieterhöhungen bei Indexmietverträgen eingeführt werden. Das heißt: selbst wenn die Inflation sehr hoch ausfällt, dürfte die Miete nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz steigen. Wie hoch diese Kappungsgrenze ausfallen wird, ist derzeit noch offen – Hubig hat keine Zahl genannt. In Medien und Fachkreisen wird jedoch bereits spekuliert, dass eine Deckelung im Bereich von etwa 3,5 % bis 6 % pro Jahr denkbar ist. Eine solche Begrenzung würde verhindern, dass Mieten nochmals wie 2022/23 um nahezu 7 % in einem Jahr anziehen können.
Der geplante Gesetzentwurf zur Indexmiete ist Teil eines größeren mietrechtlichen Reformpakets. So wurde bereits beschlossen, die Mietpreisbremse bis Ende 2029 zu verlängern, und Hubig hat angekündigt, im Zuge der Reform auch Kurzzeitmietverträge (z.B. bei möbliertem Wohnen über Plattformen) strenger regeln zu wollen. Die genaue Ausgestaltung der Indexmieten-Regelung bleibt abzuwarten. Bislang ist nur klar, dass Hubigs Ministerium noch im Dezember 2025 einen Vorschlag vorlegen will. Anschließend müssen Bundestag und Bundesrat dem Gesetz zustimmen, sodass die Neuregelung voraussichtlich 2026 in Kraft treten könnte. Ob die Deckelung auch für bereits bestehende Indexmietverträge gelten wird oder nur für neue Abschlüsse, ist ein weiterer Punkt, der im Gesetzgebungsverfahren geklärt werden dürfte.
Debatte: Argumente von Mieter- und Vermieterseite
Der Vorstoß, Indexmieten zu begrenzen, wird kontrovers diskutiert. Mieterverbände begrüßen die Initiative ausdrücklich und fordern teils sogar noch weitergehende Schritte. So spricht sich der Deutsche Mieterbund nicht nur für eine Kappungsgrenze bei laufenden Verträgen aus, sondern plädiert dafür, Indexmietvereinbarungen bei Neuvermietungen ganz zu verbieten. Begründung: Selbst moderate jährliche Steigerungen von z.B. 2–3 % summierten sich über die Jahre erheblich und seien für viele Haushalte kaum noch tragbar. Die Entlastung der Mieter in Zeiten hoher Inflation müsse Vorrang haben.
Vermieterverbände und Teile der Opposition sehen die Sache anders. Ihrer Ansicht nach sind Indexmieten in der Grundkonzeption fair und transparent, weil sie Mieterhöhungen auf die allgemeine Lebenshaltungskostensteigerung begrenzen. Hohe Sprünge bei Indexmieten treten – so das Argument – nur dann auf, wenn auch die Inflation außergewöhnlich hoch ist. In Phasen normaler Teuerung (um 2 %) käme es hingegen nicht zu „explodierenden Wohnkosten“. Zudem dienen Indexmieten der Wertsicherung für Vermieter, insbesondere für private Kleinvermieter, die auf die Mieteinnahmen angewiesen sind. Vertreter der Eigentümer (z.B. Haus-&-Grund-Präsident Kai Warnecke) kritisieren den geplanten Eingriff daher scharf: Es sei „völlig unangemessen“, nach Jahren weitgehend friedlicher Indexmieten diese nun zum Politikum zu machen. Gerade weil viele Indexmieten in Zeiten niedriger Inflation für Mieter vorteilhaft gewesen seien, müsse man die jüngsten Steigerungen im Kontext sehen – sie würden frühere Inflationsdellen ausgleichen. Auch vermeiden Indexklauseln laut Vermieterseite oft Streit, da Mieterhöhungen objektiv an einen Index gekoppelt und nicht einseitig vom Vermieter festgelegt sind. Statt immer neuer Regulierungen solle die Politik lieber die Ursachen hoher Wohnkosten angehen (Wohnungsmangel, Baukosten etc.), so der Tenor der Kritiker.
Es prallen also zwei Sichtweisen aufeinander: Mieterschützer betonen die sozialen Härten ungezügelter Indexmieten, Vermieter verweisen auf die Vertragsfreiheit und darauf, dass Indexmieten bei normaler Inflation für beide Seiten vorteilhaft sein können. Im politischen Raum deutet sich dennoch eine Mehrheit für mäßigende Eingriffe an – nicht zuletzt haben selbst gemischte Regierungskonstellationen (etwa in Berlin SPD/CDU) eine Eindämmung von Indexmieten in ihren Programmen verankert. Die nun geplante Bundesregelung dürfte daher einen Kompromiss suchen, der extreme Auswüchse verhindert, die grundsätzliche Zulässigkeit von Indexmieten aber erhält.
Was bedeutet das für Mieter?
Für Mieterinnen und Mieter, die einen Indexmietvertrag haben oder abschließen möchten, sind folgende Punkte wichtig:
- Index-Erhöhungen prüfen: Der Vermieter darf die Miete bei einer Indexbindung höchstens einmal in 12 Monaten erhöhen. Jede Anpassung muss transparent begründet werden – in der Mitteilung (per Brief oder E-Mail) muss die Änderung des Verbraucherpreisindex sowie die neue Miethöhe in Euro ausgewiesen sein. Mieter sollten solche Erhöhungsschreiben sorgfältig prüfen. Stimmt der vom Vermieter angegebene Prozentsatz mit den offiziellen Indexzahlen überein? Wurde die einjährige Wartefrist seit der letzten Erhöhung eingehalten? Falls nicht, ist die Erhöhung unzulässig. Im Zweifel können Mieter bei Mietervereinen oder Anwälten Unterstützung einholen.
- Entlastung durch neue Gesetzesgrenze: Bis zur Gesetzesänderung müssen Mieter die vollen Index-Steigerungen vertraglich hinnehmen – es gibt derzeit keine Deckelung. Gute Nachrichten: Mit der geplanten Neuregelung dürfte es künftig eine Obergrenze geben. Diese könnte z.B. bei rund 5 % pro Jahr liegen (genauer Wert noch offen). Für Mieter bedeutet das, dass extreme Erhöhungen – wie etwa +6 % oder +7 % in einem Jahr – dann der Vergangenheit angehören. Steigt die Inflation höher als die festgelegte Kappungsgrenze, darf die Miete voraussichtlich trotzdem nur bis zu diesem Limit erhöht werden. Das würde die finanzielle Planbarkeit deutlich verbessern und vor allem in Krisenzeiten für Entlastung sorgen.
- Vor- und Nachteile abwägen bei Neuverträgen: Wer einen neuen Mietvertrag unterschreibt, sollte gut überlegen, ob eine Indexmiete sinnvoll ist. In Zeiten niedriger Inflation kann die Indexklausel vorteilhaft sein – die Miete bleibt dann möglicherweise länger unverändert oder steigt weniger stark, als es bei normalen Mieterhöhungen der Fall wäre. Bei hoher Inflation dagegen drohen unerwartet kräftige Mietschübe. Mieter haben hier nur begrenzte Möglichkeiten zu reagieren, da die Erhöhung vertraglich vereinbart ist. Es kann sich daher lohnen, mit dem Vermieter alternativ eine Staffelmiete oder eine klassische Mietvereinbarung (ohne Index) auszuhandeln, um das Inflationsrisiko auszuschließen. Wichtig zu wissen: In sehr vielen Städten Deutschlands greift bei Neuvermietung die Mietpreisbremse – das begrenzt von vornherein die anfängliche Miethöhe, selbst mit Indexklausel.
- Mietsenkung bei Deflation: Sollte der Verbraucherpreisindex einmal fallen (Deflation), haben Indexmieter ein Recht auf entsprechende Mietsenkung. Dieses Szenario kam in der Vergangenheit selten vor, ist aber prinzipiell im Gesetz verankert – die Indexbindung wirkt in beide Richtungen. Mieter sollten im Blick behalten, ob ihr Vermieter in so einem Fall von sich aus die Miete senkt. Falls nicht, kann eine schriftliche Aufforderung gerechtfertigt sein, die Miete gemäß Vertrag zu reduzieren. Auch wenn Deflation derzeit unwahrscheinlich scheint, gibt es doch bereits Urteile (etwa aus 2016), die klargestellt haben, dass Vermieter zur Weitergabe von Indexsenkungen verpflichtet sind.
Was bedeutet das für Vermieter?
Auch für Vermieter, die Indexmieten vereinbart haben oder dies beabsichtigen, ergeben sich durch die geplante Deckelung einige Implikationen:
- Vertragsgestaltung anpassen: Künftig wird man bei Indexmietverträgen wahrscheinlich nicht mehr alle Inflationssteigerungen vollständig weitergeben dürfen, sondern nur bis zum gesetzlich definierten Limit. Eine erwartete Kappungsgrenze im Bereich 3,5–6 % jährlich sollte in die Vertragskalkulation einbezogen werden. Vermieter tun gut daran, schon jetzt abzuwägen, wie sie neue Mietverträge gestalten. In Fällen sehr hoher Inflation könnte eine Indexmiete mit Deckel weniger rentabel sein als erhofft. Gegebenenfalls kann es sinnvoll sein, stattdessen auf Staffelmieten oder moderate Anfangsmieten zu setzen, um nicht allein von der Inflationsentwicklung abhängig zu sein. Beachten Sie: Sollte der Gesetzgeber Indexklauseln bei Neuverträgen künftig einschränken oder verbieten (wie vom Mieterbund gefordert), müssten ohnehin alternative Modelle genutzt werden.
- Finanzielle Planung überprüfen: Indexmieten boten bisher Inflationsschutz für Vermieter – bei hohen Teuerungsraten konnten die Mieten nahezu in gleicher Höhe angepasst werden, was den realen Wert der Mieteinnahmen sichert. Fällt dieser volle Inflationsausgleich künftig teilweise weg, sollten Vermieter ihre langfristige Finanzplanung neu justieren. Besonders private Kleinvermieter mit knapper Kalkulation müssen sicherstellen, dass sie auch mit z.B. maximal +5 % Mieterhöhung pro Jahr wirtschaftlich auskommen. Ggf. ist zu prüfen, ob andere Erhöhungsmöglichkeiten (z.B. nach Modernisierung gem. § 559 BGB) ausgeschöpft werden können – denn während der Geltung der Indexmiete sind solche weiteren Erhöhungen neben der Indexanpassung grundsätzlich ausgeschlossen, außer für Modernisierung und Betriebskostenumlagen (§§ 559, 560 BGB).
- Mietsenkungen einplanen: Vermieter sollten sich bewusst sein, dass Indexmietverträge sie weiterhin zur Senkung der Miete verpflichten, falls der Preisindex fällt. Auch wenn die Inflation aktuell moderat steigt, ist es denkbar, dass z.B. durch staatliche Eingriffe (Deckelungen von Energiepreisen o.Ä.) einzelne Jahre mit Preisrückgang auftreten. In solchen Fällen müssen Vermieter die Miete entsprechend nach unten anpassen – ein Umstand, der in der Praxis gerne übersehen wird, aber aus Vermietersicht Liquidität kosten kann. Die geplante Neuregelung ändert hier voraussichtlich nichts, da sie nur eine Obergrenze für Steigerungen einzieht, die Indexbindung an sich aber bestehen bleibt.
- Formvorschriften streng beachten: Unabhängig von neuen Begrenzungen bleibt es essentiell, alle formalen Anforderungen bei Indexmieten zu erfüllen. Erhöhungen dürfen maximal einmal jährlich erfolgen und müssen in Textform mitgeteilt werden, inklusive Nachweis der Indexänderung und Angabe der neuen Miethöhe. Die Klausel im Mietvertrag selbst muss transparent und verständlich formuliert sein. Vermieter sollten den Begriff „Verbraucherpreisindex“ ausdrücklich nennen und die Mechanik erläutern. Eine bloße pauschale Bezugnahme auf § 557b BGB am Ende des Vertrags reicht nicht – eine solche versteckte Indexklausel wurde vom Landgericht Berlin im Januar 2025 für unwirksam erklärt. Kommt es zu Formfehlern oder Intransparenzen, besteht das Risiko, dass die Indexmiete insgesamt unwirksam ist und Mieterhöhungen rückabgewickelt werden müssen.
Ausblick
Die Indexmiete als Instrument geriet durch die extreme Inflation der letzten Jahre stark in die Kritik. Mit dem angekündigten Gesetzentwurf zur Deckelung von Indexmieten reagiert die Politik auf die Sorge vor unbegrenzten Mietsteigerungen in wirtschaftlich angespannten Zeiten. Sowohl Mieter als auch Vermieter sollten sich auf Veränderungen einstellen: Für Mieter zeichnet sich deutliche Entlastung bei zukünftigen Preissprüngen ab, während Vermieter sich auf ein Stück weit weniger Inflationsausgleich einstellen müssen. Gleichwohl bleibt abzuwarten, wie hoch die Kappungsgrenze letztlich ausfällt und ob weitere Einschränkungen (etwa ein Verbot neuer Indexmietverträge) beschlossen werden.
Aus rechtlicher Sicht ist es ratsam, die Entwicklung genau zu verfolgen. Indexmiet-Vertragsparteien sollten ihre Vereinbarungen und Kalkulationen an die neue Rechtslage anpassen, sobald diese in Kraft tritt. Bei Unsicherheiten – etwa ob eine konkrete Index-Erhöhung noch zulässig ist oder wie ein Mietvertrag optimal gestaltet werden sollte – kann fachkundiger Rat helfen. Letztlich zielt die Reform darauf ab, einen Interessenausgleich zu schaffen: Mieter werden vor übermäßigen Belastungen geschützt, während Vermieter weiterhin die Möglichkeit behalten, moderate inflationsbedingte Anpassungen vorzunehmen. Ob dieses Gleichgewicht gelingt, wird die Praxis