Wer bauliche Anlagen ohne erforderliche Baugenehmigung errichtet oder nutzt, begeht eine formelle Illegalität. Nach § 82 Abs. 1 Satz 2 HBO darf die Bauaufsichtsbehörde in diesem Fall die Nutzung der Anlage untersagen. Die Rechtsprechung stellt klar, dass allein die fehlende Genehmigung – unabhängig von der Intensität der Nutzung – regelmäßig ausreicht, um ein Nutzungsverbot zu rechtfertigen. Dadurch soll eine negative Vorbildwirkung vermieden werden: Wer legal baut, darf nicht gegenüber dem „Schwarzbauer“ benachteiligt werden.
Ermessen der Behörde: Intendiertes Ermessen
§ 82 Abs. 1 Satz 2 HBO gewährt der Bauaufsichtsbehörde ein Ermessen, die Nutzung zu untersagen. Dieses Ermessen ist jedoch intendiert, d. h. auf Eingreifen gerichtet: Im Regelfall muss die Behörde tätig werden. Nach § 40 HVwVfG (analog zu § 40 VwVfG) hat die Behörde ihr Ermessen zielorientiert im Sinne der gesetzlichen Aufgaben (§ 61 Abs. 2 HBO: Bauaufsichtspflicht) auszuüben. Das Gesetz betont zwar, dass Härtefälle zu berücksichtigen sind, solche können aber nur in Ausnahmefällen eine Untersagung verhindern. In der Praxis wurden etwaige Härtegründe wie eine drohende Obdachlosigkeit der Familie kaum anerkannt: Stattdessen müssen Betroffene zumutbare Ersatzwohnmöglichkeiten (Campingplatz, Ferienwohnung, Sozialwohnung) in Betracht ziehen.
Sofortige Vollziehung ist Regel
Ist die Nutzung untersagt, kann und soll sie nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO sofort vollzogen werden. Die Gerichte halten dies für gerechtfertigt, weil eine Nutzungsuntersagung anders als eine Abrissverfügung keine irreparablen Schäden verursacht. Nur mit sofortiger Vollziehung ist die ordnungsrechtliche Schutzfunktion gewährleistet: Ein Schwarzbauer würde sonst einen zeitlichen Vorteil gegenüber dem ordnungsgemäßen Antragsteller erhalten. Liegen also die materiellen Voraussetzungen (fehlende Genehmigung) vor, ordnet die Behörde üblicherweise sowohl das Nutzungsverbot als auch dessen sofortige Vollziehung an. Ein Aufschub lässt sich hier kaum erwirken, da das öffentliche Interesse an konsequenter Bauaufsicht überwiegt.
Keine Verwirkung der Eingriffsbefugnis
Auch wenn die Behörde den Verstoß erst spät entdeckt oder lange untätig blieb, gilt: Die Eingriffspflicht kann nicht „verwirkt“ werden. Der Hessische VGH betont, dass die Verzögerung der Behörde keinen nachteiligen Rechtsübergang bewirkt. Bauherren können sich somit nicht darauf berufen, die Verspätung der Behörde habe ihre Baugenehmigung quasi gewährt. Vielmehr bleibt das Errichten und Nutzen ohne Genehmigung dauerhaft illegal, bis die Nutzungsuntersagung vollzogen oder eine Erlaubnis erteilt wird.
Praxistipps für Grundstückseigentümer
- Erlaubnis einholen: Bauen und leben Sie erst, nachdem alle notwendigen Baugenehmigungen vorliegen. Unterlassen Sie eine Nutzung oder Vermietung von Anlagen ohne Genehmigung.
- Rechtzeitig reagieren: Wurde Ihnen wegen fehlender Genehmigung eine Nutzungsuntersagung oder Rückbauanordnung zugestellt, suchen Sie sofort rechtlichen Rat. Ein Rechtsbehelf gegen den Bescheid oder die sofortige Vollziehung kann zwar eingelegt werden, die Erfolgsaussichten bleiben aber begrenzt.
- Härtefall gut begründen: Sollte ein humanitärer Notfall vorliegen, müssen Sie konkrete Alternativen geprüft haben. Das Gericht erwartet meist zumutbare Ausweichlösungen (z.B. Campingplatz oder Sozialwohnung). Der Verweis auf einen entstehenden Härtefall hebt allein die formelle Illegalität nicht auf.
- Langzeitfolgen bedenken: Selbst bei andauernden Rechtsmitteln gegen eine Genehmigungsverweigerung können die Anlagen weiter verboten bleiben. Bis zur endgültigen Klärung ist die Nutzung untersagt. Planen Sie daher vorsorglich für den Fall, dass die Behörde die Nutzungsuntersagung durchsetzt.
Fehlt eine Baugenehmigung, muss die Baubehörde i.d.R. einschreiten und die Nutzung untersagen. Dieses „intendierte Ermessen“ geht im öffentlichen Interesse der Bauordnungsaufsicht vor. In der Praxis bedeutet das: Nicht nur die Entfernung oder Räumung, sondern auch ein sofort vollziehbares Nutzungsverbot kann angeordnet werden. Eine Behörde kann ihre Eingriffsbefugnis auch bei langjährigem Verstoß nicht verlieren. Bauherren tun daher gut daran, Genehmigungsverfahren stets ernst zu nehmen und bei Unklarheiten frühzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen.